NuScale befeuert trotz hoher Verluste die Phantasie der Anleger für Mini-Atomkraftwerke - das sind die Gründe

© NuScale Power Corporation
Corvallis - Die NuScale Power Corporation, Entwickler und Anbieter kleiner modularer Atomkraftwerke (SMR), sorgt trotz niedriger Umsätze und hoher operativer Verluste regelmäßig für Schlagzeilen. Große Ankündigungen regen die Phantasie der Investoren an und trieben den Aktienkurs bis auf das bisherige Allzeithoch von über 50 USD. Doch NuScale lebt derzeit weniger von Einnahmen aus operativen Geschäften als von Investorenerwartungen, regulatorischen Meilensteinen und strategischen Partnerschaften.
Bis zur tatsächlichen Umsetzung und Inbetriebnahme des ersten Mini-Atomkraftwerks, die frühestens 2030 erwartet wird, könnten noch Jahre ohne nennenswerte Einnahmen vergehen. NuScale finanziert sich daher wohl auch zukünftig fast ausschließlich über den Verkauf eigener Aktien (ATM-Programm). Allein im ersten Halbjahr 2025 wurden 9,05 Mio. Aktien ausgegeben und rund 202 Mio. USD erlöst, was die starke Abhängigkeit vom Aktienkurs verdeutlicht.
Finanzen: Hohe Verluste, geringe Umsätze und Rekord-Marktkapitalisierung
Im ersten Halbjahr 2025 erzielte NuScale einen Umsatz von rund 21,4 Mio. USD (H1 2024: 2,3 Mio. USD), der sich aus Engineering-Dienstleistungen, Lizenzgebühren und Studien zusammensetzte. Dem standen hohe operative Kosten und Aufwendungen gegenüber, sodass sich ein operativer Verlust von 78,4 Mio. USD (H1 2024: 85,9 Mio. USD) ergab. Der den Inhabern der Class A-Aktien zurechenbare Nettoverlust lag bei 49,3 Mio. USD (H1 2024: 44,2 Mio. USD). Diese Zahlen verdeutlichen, dass das Unternehmen derzeit weit von einer profitablen Geschäftstätigkeit entfernt ist und seine Finanzierungsbasis stark von Aktienemissionen abhängig bleibt. Trotzdem wird das Unternehmen an der Börse im laufenden Jahr in der Spitze mit fast 6 Mrd. Euro bewertet (nur Class A-Aktien).
Technischer Stand und Umsetzung zu Mini-Atomkraftwerken von NuScale
NuScale verfügt über die US Nuclear Regulatory Commission (NRC)-Zulassung für das 77-MWe-SMR-Design - die Voraussetzung für Bau und Betrieb. Bisher wurde jedoch kein kommerzieller Reaktor gebaut oder in Betrieb genommen. Alle bisherigen Aktivitäten beschränken sich auf Studien, Front-End-Engineering (FEED) und Partnerschaften. Geplante Projekte, darunter die Zusammenarbeit mit ENTRA1 Energy und TVA zur möglichen Installation von bis zu 6 GW SMR-Kapazität sowie das Projekt RoPower Doicești in Rumänien, befinden sich noch in einer frühen Absichts-, Planungs- und Genehmigungsphase. NuScale selbst rechnet frühestens 2030 mit dem ersten kommerziellen Modul.
Vermarktung, Stromkosten und politische Chancen kleiner Atomkraftwerke
Die Vermarktung von SMR-Modulen ist bislang mit schwierigen Erfahrungen und Rückschlägen verbunden. So zog sich Utah Associated Municipal Power Systems (UAMPS) aufgrund einer Kostenexplosion zurück. Für das Utah-Projekt (6 SMR mit je 77 MW) lagen die damaligen Levelized Costs of Electricity (LCOE) bei rund 89 USD/MWh (8,9 US-Cent/kWh), basierend auf den 2023er Baukosten von 9,3 Mrd. USD. Zum Vergleich: 2021 lag die Schätzung noch bei 58 USD/MWh (5,8 US-Cent/kWh). Bis zur Fertigstellung 2030 war erwartet worden, dass Inflation, Baukostensteigerungen und Verzögerungen die Stromgestehungskosten weiter erhöhen. Deshalb zog sich UAMPS aus dem Projekt zurück.
Auf der anderen Seite bietet die Politik von US-Präsident Trump Hoffnung auf stärkere Förderung und Marktentwicklung. Ob am Ende billigere erneuerbare Energien, die zudem schneller am Markt verfügbar sind, Mini-Atomkraftwerke oder eine Kombination den Energiemarkt dominieren werden, bleibt offen. Für Anleger bedeutet dies, dass Investitionen in NuScale derzeit stark von politischen Rahmenbedingungen, regulatorischen Fortschritten und Hoffnungen abhängen, während eine profitable Stromproduktion aus Mini-Atomkraftwerken derzeit noch in weiter Ferne liegt.
Fazit und Ausblick
Das Unternehmen NuScale kann den Geschäftsbetrieb angesichts fehlender Einnahmen aus realisierten SMR-Projekten derzeit zwar fast ausschließlich über den Verkauf eigener Aktien (ATM-Programm) aufrechterhalten. Dafür ist jedoch ein stabil hoher Aktienkurs notwendig, um Aktien des Unternehmens NuScale auch in Zukunft mit hohen Erlösen verkaufen zu können.
Die regelmäßige Ankündigung neuer Partnerschaften, Projekte und Marktperspektiven befeuert die Hoffnung der Investoren dabei immer wieder neu. Ob die Ankündigungen jemals ein operatives Milliardengeschäft hervorbringen, wie es die NuScale-Börsenbewertung andeutet, ist derzeit nichts anderes als eine Wette auf eine ungewisse Zukunft in einigen Jahren – ohne jede Absicherung.
Quelle: IWR Online
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